Eine Mutter erzählte mir hierzu eine Geschichte ihrer neunjährigen Tochter:
Auf einer Wanderung lag auf dem Weg eine tote Schlange. Der Vater berührte sie und motivierte die Kinder, dies auch zu tun. Die Tochter zögerte, überlegte, entschied sich dann dagegen. Ein paar Tage später war die Familie in einem Zoo. Als ein Wärter mit einer lebendigen Schlange kam und fragte, ob jemand sie streicheln oder halten möchte, trat das Mädchen nach vorne und berührte die Schlange. Später fragte die Mutter, was für das Mädchen den Unterschied in den beiden Situationen ausgemacht hat. Da meinte ihre Tochter: „Bei der ersten Schlange hat es sich in mir nicht gut angefühlt, weil sie tot war. Die zweite war noch lebendig, und da hat es sich in mir gut angefühlt.“
Es ist eine hohe Kunst, die dieses Mädchen aufzeigt und bei Kindern oft beobachtet werden kann.
Die Fähigkeit, seine Gefühle zu erkennen und ihnen zuzuhören. Neben der Vermittlung von kognitivem Wissen ist es genau diese Fähigkeit, die von Eltern stets bestärkt werden soll. Es gilt, Kindern Zeit und Raum zu geben, das eigene Spüren zu erkennen und darauf zu vertrauen. Wenn es sich in Situationen oder bei Menschen innerlich hell und leicht anfühlt, dann mit Freude diese Begegnungen auskosten. Wenn Dinge sich nicht gut anfühlen, ein „komisches“ Gefühl entsteht, sollten diese zunächst hinterfragen werden. Denn altersunabhängig gilt: Spüren heißt Wissen.
Mag. Dr. Veronika Burtscher-Kiene
Ehe- und Familienzentrum