
Der allgemein gepflegte Smalltalk beinhaltet oft die Feststellung, in welcher Phase nun der eigene Nachwuchs sei. Aber selten interessiert sich wer, in welcher Phase denn ich bin - ob ich auch Raum bekomme mich gut zu entwickeln. Damit ich in weiterer Folge meine Rolle als Elternteil oder als Partner gut leben kann. Drei besonders prägende Wendepunkte bergen dabei ein Sprengstoffpotenzial in sich: Wenn die Kinder kommen, wenn die Kinder gehen und wenn sie dazwischen gewaltig rebellieren.
Check-In der Systemsprenger
Wie sehnsüchtig auch der süße Knuddel erwartet wurde – plötzlich ist alles anders: Die Nächte, die Tage, die Mahlzeiten, das soziale Umfeld. Die geteilte Aufmerksamkeit, die reduzierte körperliche Zuneigung und gesteigerte Gereiztheit stellen die einst so romantische Liebesbeziehung ordentlich auf die Probe. Der zeitweise unglaublich süße kleine Mensch wird subtil zum Baby-Boss, der mit seinen intensiven Forderungen stets an die Eigenschaften der jeweils anderen Schwiegerfamilie zu erinnern scheint.
Die Challenge der Elternschaft kommt wie eine kalte Dusche ins Spiel und konkurriert der eingespielten Partnerschaft. Unabhängig davon, ob es sich um eigene oder mitgebrachte Kinder handelt. Die Prioritätsliste wird neu aufgesetzt und um den Balanceakt zwischen der Paarebene und Elternrolle gerungen.
Tohuwabohu während der Umbauphase
In der produktiven Mitte meines Lebens angekommen, wo plötzlich immer mehr Fragen von wegen „War das alles?“ aufkommen, muss ich tief durchatmen. Die Kredite sind zwar zu Hälfte abbezahlt, dennoch kann ich meiner zweiten Pubertät nicht ganz freien Lauf lassen, weil ich doch noch ein wenig Verantwortung verspüre. Und noch dazu: Gefühlsmäßig hängt gar alles von mir ab - da aus jeder Ecke meines Alltags immer 100%-Leistung von mir verlangt wird. Als ob das nicht reichen würde, kommen die jungen Halbstarken auf die Idee mich als „Depp“ zu titulieren. Zum Davonrennen.
Die Neukalibrierung der Rollen in der Phase der Adoleszenz hat mich gelehrt: Erwarte nicht die Dankbarkeit von den Kindern – die Geduld und meine wachsende innere Resilienz sind ja Profite genug, so dass ich eigentlich sogar dankbar sein kann um dieses Übungsfeld.
Check-Out mit Premium Storno
Im Durchschnitt ein Viertel Jahrhundert beschäftigt sich jedes kinderfreundliche Paar mit der Familienlogistik - überwiegend zum Wohle der heranwachsenden Generation werden alle Rahmenbedingungen aufgebaut und optimiert. Und plötzlich - oft von heute auf Morgen ändert sich alles: „Ich ziehe zu Alex!“. Aus den Augen – aber noch lange nicht aus dem Sinn. Das Perpetuum Mobile des Organisationsrädchens läuft noch weiter. Bis die Frage im Raum steht: Und jetzt?
Das Beziehungssystem muss schon wieder neu gedacht werden. Die Zweisamkeit, die beim On-Boarding der Sprösslinge fast zugrunde gegangen ist, hat nun den ganzen Weltraum zur Verfügung. Zumindest bis die Rolle als Großeltern in Anspruch genommen wird. Spätestens jetzt wird klar – eine präventive Investition in gemeinsame Hobbies macht Sinn.
Gott sei Dank bietet das EFZ Beratung und Unterstützung für diese Wendepunkte des familiären Lebens, sollte ich es mal nicht so cool sehen wie gerade beschrieben. Apropos - genau zum Thema spricht der Oskar Holzberg, der bekannteste Paartherapeut Deutschlands am 9. Mai in Arbogast.
Bohuslav Bereta